Start Page Act 1 Act 2 Act 3 Synopsis
ZWEITER AKT
Vorspiel
(Der Vorhang hebt sich. Die szene ist zunächst
von dichten Schleiern verhüllt in welchen im
Vordergrunde Paul, in der nämlichen Stellung
wie am Schlusse von Akt 1 beleuchtet, sichtbar
wird.
Dazu hört man hinter der Szene die
Erscheinung Mariens, ihre letzten Worte
“Schau und erkenne ...” wiederholen.)
MARIE STIMME
Dich faßt das Leben, dich lockt die andre.
Schau, schau und erkenne.
(Das Bild verblaßt allmählich und verschwindet
völlig.
In einer Produktion ohne Pause zwischen Akt 1
und 2 wird die Aktion an dieser Stelle
fortgesetzt.
Nach einem Orchester-Zwischenspiel, welches
die Stimmungen wiedergibt, die das tote Brügge
im Gemüte Pauls weckt, heben sich langsam die
Schleier, aus dem Dunkel, aus nebligen
Umrissen wird folgender Schauplatz sichtbar:
Ein öder, einsamer Kai in Brügge, spät abends.
Parallel mit der Rampe ein Kanalarm, über den
im Bogen eine niedrige Brücke fährt. Hinter
Wasser und Brücke ist das andere Ufer des Kais
zu sehen, auf welchem sich alte, für Brügge
charakteristische Häuser, darunter ein altes
Kloster mit schwärzlichem Gemäuer und
kreuzweise vergitterten Fenstern hinziehn.
In der Mitte des düstern Gebäudes ein
Glockenturm mit Uhr, deren großes Zifferblatt
zunächst undeutlich bleibt. Unterhalb dieser
Uhr zwei Öffnungen im Turm, durch die später
die Figuren des Uhrwerks hervorkommen und
wieder verschwinden.
Auf dem vorderen Ufer links das vereinzelt
stehende Haus, in dem Marietta wohnt; die
Türe geschlossen. Bänke und brennende
Gaslaternen. Rechts alte Bäume, hinter denen
der Weg zur Kirche zu denken ist. Bedeckter
Himmel; abwechselnd Mondschein und
herbstlicher Nebel.
ACT TWO
Prelude
(The curtain rises. The stage is initially covered
by dense veils in which, in the foreground, in
the same position as at the end of Act 1, Paul
becomes visible.
At the same time the vision of Marie is heard
behind the scenes repeating her last words
“Look and understand…”.)
MARIE’S VOICE
Life holds you, the other woman attracts you.
Look, look and understand.
(Gradually the picture fades away and vanishes.
In a production without an interval between
Acts 1 and 2, the action resumes at this point.
After an orchestral interlude, which reproduces
the impressions awakened by the dead city of
Bruges in Paul’s mind, the mist slowly clears,
and out of the darkness, from shadowy outlines,
the following scene emerges.
A bleak deserted quay in Bruges, late evening.
Parallel with the front of the stage, a canal
branch crossed by a low arched bridge. Behind
the water and bridge, the other bank of the quay
is seen, skirted by characteristic Bruges-style
old houses and an old convent with dark walls
and iron-barred windows.
In the centre of this gloomy building, a belfry
with a clock, the great dial of which remains
indistinct for the moment. Beneath this clock are
two openings in the tower through which later
on the clockwork figures emerge and disappear
again.
On the front bank left stands the solitary house
in which Marietta lives, the door closed.
Benches and lighted gas-lamps.
On the right old trees, behind which the path
leads to the church. A cloudy sky, moonlight
alternating with autumn mists.
Glockengeläute, das schon vorher, bevor das
Bild deutlich wurde, eingesetzt hat)
Chimes have begun to peal before the scene
becomes quite distinct.)
Erste Szene
(Paul, in einen Mantel gehüllt, den Kragen
emporgezogen, den Hut in der Stirne. Unruhig
vor dem Hause Mariettas auf- und abgehend)
PAUL
Was ward aus mir?
Ihr Haus umschleich ich,
gequält von Angst, Sehnsucht und Reu…
Was ward aus mir?
(neues Glockengeläute)
Verstumme, dumpfer Glockenchor.
Schwarz stürzt der Klang sich in die Nacht.
So weintet ihr Glocken, als man sie begrub…
nun mahnt ihr mein Gewissen.
O sprecht mich los, ihr Beichtiger aus Erz!
Ich koste bittere Freuden,
grausam zwiespältige Lust.
(blickt zu den Fenstern Mariettas empor und
schrickt zusammen)
War das kein Licht, ein doppelt Schattenbild?
Stets fürcht ichs, umfang ich selbst sie nicht
in diesem Haus.
Sie fehlte im Theater.
Seh ich sie nicht, faßt Sehnsucht mich nach ihr,
und sie zu sehen, bange ich nicht minder.
(neuerliches Glockengeläute)
Da hebt es wieder an, das Glockenlied,
und bohrt sich tief ins Herz.
O sprecht mich los, ihr Beichtiger aus Erz!
(Wolken haben den Mond verhüllt, ein
Sturmwind fährt durch die Bäume und schüttelt
die Blätter. Die Gasflammen in den Laternen
schwanken hin und her)
Faßt dich ein Schauer mit mir, müde Stadt?
Es stöhnen deine altern Bäume,
des Wassers Seufzer brechen sich
an den jahrhundertalten Grachten.
Gespenstig raunst du Unheil!
(Eine Schar von Beghinen bewegt sich
inzwischen aus de m Hintergrund über die
Brücke, zu zwei und zwei geordnet, mit sich
glockenförmig bauschender Gewandung,
First Scene
(Paul, wrapped in a coat with turned-up collar
and a hat pulled down, walking up and down
restlessly before Marietta’s house)
PAUL
What have I come to?
Prowling round her house,
tortured by fear, longing and remorse...
What have I come to?
(renewed peals)
Be silent, dull choir of bells.
Harsh sound that echoes through the night.
You bells wept when we buried her…
now you reprove my conscience.
O deliver me, ye bronze confessors!
I am tasting bitter pleasures,
cruelly two-sided joys.
(looks up at Marietta’s window and is startled)
Was that not a light, a double shadow there?
My constant fear, I don’t see her in her house.
She was missing at the theatre.
When I don’t see her, my longing drives me to
her, and yet to see her is just as terrifying.
(renewed peals)
There they start again, the bells,
and bore deep into into my heart.
O deliver me, ye bronze confessors!
(Clouds have concealed the moon,,a gust of
wind blows through the trees and rustles the
leaves. The gas jets in the street lamps flicker.)
Are you shivering too, weary town?
Your ancient trees are groaning,
the waters are sighing along the centuries-old
canals.
Eerily, you whisper disaster.
(Meanwhile a group of nuns proceeds from the
background across the bridge,
two by two, with their billowing bell-shaped
clothing,
langsam, wie gespenstig, undeutlich in den
Konturen, den Bäumen zu, um hinter denselben
den Weg zur Kirche zu nehmen.)
Brügge, fromme Stadt!
Einst war ich eins mit deiner Keuschheit,
so wie du eins mit meiner Toten warst.
Nun trag ich Unrast des Begehrens
in die Stille und Versunkenheit deiner Nacht.
(Dem Zuge der Beginnen, der in den Kulissen
rechts verschwindet, folgt als letzte Brigitta mit
einer Beginnenhaube als Novize. Erkennt sie
und hält sie an.)
Brigitta!
BRIGITTA
(sanft abwehrend)
Ich geh zur Kirche mit meinen Klosterfrauen.
PAUL
Daß wir uns trennen mußten!
BRIGITTA
Ich floh die Sünde,
blieb der Toten treu.
PAUL
Auch ich verriet sie nicht,
trotz jener Frau.
BRIGITTA
Mein schlichter Sinn versteht das nicht.
Sie Leiden schwer, ich weiß…
ich will für Ihre Seele beten.
(langsam ab)
PAUL
Die alte treue Magd, ach daß ich sie verlor!
slowly, ghostly and indistinct in outline,
towards the trees to take the path to the church
behind them.)
O Bruges, pious town!
Once you and I were together in purity
as also was my dead beloved.
But now I bring the strife of my passions
to the quiet and contemplation of your night.
(The procession of nuns disappears in the wings
to the right. At its end is Brigitta in the coif of a
novice.
Paul recognises her and stops her.)
Brigitta!
BRIGITTA
(gently warding him off)
I am going to church with my convent sisters.
PAUL
To think that we had to part!
BRIGITTA
I fled from sin,
remained faithful to the dead.
PAUL
But I also did not betray her,
despite that woman.
BRIGITTA
My simple mind can’t understand it.
You are suffering greatly, I know…
I will pray for your soul..
(exits slowly)
PAUL
The old faithful maid, oh to think that I lost her!
Zweite Szene
(Eine Gestalt hat sich dem Hause Mariettas
genähert: Frank im Mantel, den Kragen
emporgezogen. Das folgende, ein
leidenschaftlich drängendes, düsteres
Nachtstück, vielfach in gedämpftem Ton
geflüstert)
Second Scene
(A figure has approached Marietta’s house. It is
Frank in a coat with turned-up collar.
The following is a passionately urgent, gloomy
nocturnal scene, mostly whispered in a subdued
tone.)
PAUL
(stellt sich ihm entgegen)
Wohin?
Frank, du?
FRANK
Du wartest hier auf sie.
PAUL
Ich wart auf sie mit Schmerz und Scham.
FRANK
Laß ab von ihr!
PAUL
Ich kann nicht mehr.
Mich zogs zur Seele meiner Toten
und ich verfiel dem Leib der Lebenden.
FRANK
(drohend)
Laß ab von ihr!
PAUL
(betreten)
Wie seltsam du das sagst!
FRANK
Du passest nicht zu ihr,
der du zwischen Tod und Leben teilst.
Sie will die volle Liebe,
und das volle Leben,
das sie durch alle Fenster ihres Körpers
und ihrer Seele strömen läßt!
PAUL
Des sündgen Körpers und der sündgen Seele!
FRANK
Und doch, weil sie so ganz heißes Leben ist,
im Lachen ihrer Schönheit,
erhöhet sie das Leben.
So wie wir nur im Traume fliegen,
fliegt sie mit wachem Sinn,
zwingt uns als Pierrots ihr zu Füßen,
und Colombine tanzt
und lacht die Sünde weg,
berauscht und...
PAUL
(befremdet unterbrechend)
Und hat auch dich berauscht?
PAUL
(confronts him)
Where are you going?
Frank, you?
FRANK
You are waiting here for her.
PAUL
I wait for her in pain and shame.
FRANK
Let her go!
PAUL
I cannot any more.
I was drawn to the soul of my dead love
and I yielded to a living.body.
FRANK
(threatening)
Let her go!
PAUL
(dismayed)
How strangely you say that!
FRANK
You have no right to her,
you who are divided between life and death.
She needs the complete love,
and the complete life,
that shines through every window of her body
and soul!
PAUL
Her sinful body and her sinful soul!
FRANK
And yet, since she is so full of passionate life,
in the laughter of her beauty,
she enhances life.
Just as we only fly in dreams,
she flies while wide awake,
compels us as Pierrots to lie at her feet,
while Columbine dances
and laughs the sin away,
bewitches and….
PAUL
(interrupting him in surprise)
And has she also bewitched you?
FRANK
Laß ab von ihr!
Geh heim, zu deiner Toten!
PAUL
(erregt)
Ich warte hier auf sie.
FRANK
Du darfst nicht.
PAUL
Ich darf nicht?
Und warum nicht?
FRANK
Weil ... ich ihrer harre!
PAUL
(bestürzt)
Wie, du?
FRANK
Auch ich bin ihr verfallen,
und betrügt sie dich,
seis mit mir!
PAUL
Was sagst du?
FRANK
Räum mir den Platz, Unseliger!
Fort, siehst du nicht?
(zeigt ihm den Schlüssel)
Den Schlüssel gab sie mir.
PAUL
Her den Schlüssel!
(entreißt ihm mit Gewalt den Schlüssel)
FRANK
Ich bin dein Freund nicht mehr.
(wankt ab)
FRANK
Let her go!
Go home, go to your dead!
PAUL
(excitedly)
I’m waiting here for her.
FRANK
You dare not.
PAUL
I dare not?
And why not?
FRANK
Because ... I am waiting for her!
PAUL
(aghast)
What, you?
FRANK
I have also fallen for her,
and if she is betraying you,
let it be with me!
PAUL
What are you saying?
FRANK
Get out of my way, unhappy man!
Go, don’t you see?
(shows him the key)
This key she gave me.
PAUL
Give me the key!
(snatches the key from him violently)
FRANK
I am your friend no longer.
(staggers off)
Dritte Szene
(Man hört die sich in Booten lachend und
singend nähernde Tänzergesellschaft. Paul
verbirgt sich hinter den Bäumen rechts. Der
nächtliche Himmel hat sich aufgeheitert;
Mondschein. Ein Boot, mit Lampions
Third Scene
(The troupe of dancers is heard, laughing and
singing as they approach in boats. Paul hides
behind the trees on the right. The night sky has
cleared and the moon is shining.
A boat illuminated with paper lanterns passes
beleuchtet, fährt durch den Kanal. Im Boote:
Victorin, der Regisseur, Fritz, der Pierrot, noch
im Kostüm und mit seiner Laute von der
Vorstellung her, Lucienne und Juliette, die
Tänzerinnen, in Abendmänteln über dem
Ballerinenkostüm, Graf Albert. Zwei weitere
Boote mit Mitgliedern der Tanzgesellschaft
kommen nach. Die diesen Booten Entstiegenen
bleiben im Hintergrunde. Die ganze Szene
traumhaft wie die vorigen, stilisiert burlesk.
Bald streng rhythmisierte Bewegung, bald
Erstarren zu Bildhaftigkeit. Reicher bunter
Wechsel in Stellung und Gruppierung. Spiele
des Lichts)
ALLE
Schäume, schäume, tolles Tänzerblut,
aller Schranken ledig,
Träume, träume
dich auf Wasserflut nach Venedig.
(Das Boot hat angelegt. Victorin springt als
erster heraus, die anderen folgen.)
VICTORIN
Und dies die Piazetta,
wo sie wohnt, Marietta.
GRAF
Famose Mise-en-scene!
Hoch Victorin!
VICTORIN
Und hoch der gräfliche Mäcen!
(die anderen fallen ein)
Hoch, hoch!
JULIETTE
Pst, pst!
GRAF
Bedenkt….
JULIETTE
Brügge, kein Geschrei!
GRAF
Polizei...
LUCIENNE
die betet ...
Die Kunst ist frei!
through the canal. In the boat are Victorin, the
stage manager, Fritz, the Pierrot, still in
costume with his lute, Lucienne and Juliette, the
dancers, with opera cloaks over their ballerina
dresses, and Count Albert.
Two more boats follow with members of the
dance troupe. Those who alight from these
boats remain in the background.
The whole scene is as dreamlike as the
preceding ones, stylised burlesque. Strictly
rhythmic movements alternating with frozen
postures. Rich colourful changes of position and
grouping. Lighting effects.)
ALL
Float, float, great dance companions,
all conventions flouting,
Dream, dream
on the waterway to Venice.
(The boat has reached the bank. Victorin jumps
out first, followed by the others.)
VICTORIN
And this is the Piazetta,
where she lives, Marietta.
COUNT
A splendid setting!
Hurrah for Victorin!
VICTORIN
And hurrah for our princely patron!
(the others join in)
Hurrah, hurrah!
JULIETTE
Psst, psst!
COUNT
Be careful….
JULIETTE
Bruges, no shouting!
COUNT
Police...
LUCIENNE
it is praying
Art is free!
ALLE
Die Kunst ist frei!
VICTORIN
(Arm in Arm mit dem Grafen)
Doch, bei Fest und Tanz,
ohne sie kein Glanz,
ohne sie, die Göttlich, Unersättliche,
GRAF
Ja, bei Fest und Tanz
ohne sie kein Glanz,
stets Vergnügte,
stets Besiegende, Besiegte.
VICTORIN
Die mit allen Phrynen
und Colombine und Phyllis und Willis
um die Wette,
bezaubernde Mariette.
GRAF
Bezaubernde Mariette.
FRITZ
(hat sich an eine Lanterne gelehnt, halb
schwärmerisch, halb mit Selbstironie, begleidet
sich auf der Laute)
O Mond, vernimm die traurge Litanei.
Mit wem brach sie mir heute wohl die Treu?
Das Herz der Unbeständigen
ist nimmermehr, ist nimmermehr zu ndigen.
VICTORIN, GRAF
Ja, bei Fest und Tanz
ohne sie kein Glanz, usw.
JULIETTE, LUCIENNE
(tänzeln auf ihn zu)
Du guter, du treuer, dummer Pierrot,
fehlt dir nicht Gaston irgendwo?
FRITZ
O Mond, vernimm die traurge Litanei,
Mit wem brach sie mir heut die Treu?
JULIETTE, LUCIENNE
Sie und der Wohlgelenkge,
ach, sie treiben arge nke.
(lachen)
Ha, ha, ha, ha!
ALL
Art is free!
VICTORIN
(Arm in arm with the Count)
Yes at party or dance,
without her no sparkle,
without her, the divine, the insatiable,
COUNT
Yes at party or dance
without her no sparkle.
always joyful,
always conquering and being conquered.
VICTORIN
She is a match for Phryne,
Columbine, Phyllis and Willis,
in any competition,
enchanting Marietta.
COUNT
Enchanting Marietta.
FRITZ
(leaning against a lamppost, half enraptured,
half ironical, accompanies himself on the lute)
O Moon, listen to my sad entreaty.
With whom was she false to me today?
The heart of the fickle
can never, never be controlled.
VICTORIN, COUNT
Yes at party or dance
without her no sparkle, etc.
JULIETTE, LUCIENNE
(dancing up to Fritz)
Good, faithful, simple Pierrot,
is Gaston not missing?
FRITZ
O Moon, listen to my sad entreaty.
With whom was she false to me today?
JULIETTE, LUCIENNE
She and that supple one,
ah, they are up to devilish tricks.
(laughing)
Ha, ha, ha, ha!
VICTORIN
(von der anderen Seite kommend)
Ja, sie treibt es wie so viele,
stören wir die verliebten Spiele.
Nach der Wasserpromenade
frommt die artge Serenade.
(begleitet sich auf dem Spazierstock)
Plum, plum, plum, usw.
ALLE
(alle begleiten sich auf Stöcken oder Schirmen,
Fritz auf der Laute)
Höre Reizende du,
höre silbernen Lautenklang.
Deine Getreuen, die alten und neuen,
sie schmachten schon lang!
Führst doch den Reigen zu tollem Genießen,
Höre den Sang!
Komm dich zu zeigen, komm zu versüßen,
komm zu den Deinen, komm laß den Einen.
Höre den Sang!
Komm zu gefallen, schenke dich Allen!
La, la, la, la.
Usw.
MARIETTA
(Marietta ist während des Ständchens Arm in
Arm mit Gaston, von rückwärts kommend, auf
der Brücke im Rücken der Singenden
erschienen, und hat hier frölich zugehört.)
Ich komme, ich komme zu den Meinen,
ja, ich komme zu gefallen,
laß den Einen,
schenk mich Allen!
ALLE
(alle wenden sich überrascht um und begrüßen
jubelnd die unter sie Tretenden)
Marietta! Hoch!
LUCIENNE
Wo warst du, Marietta?
MARIETTA
Hatt' heute keine Lust zu proben,
ging mit Gaston aufs Land.
JULIETTE
Und er, dein Freund, der Düstere?
VICTORIN
(coming from the other side)
Yes, this is getting out of hand,
let us break up these games of love.
After the water promenade
we need an appropriate serenade.
(accompanies himself on his walking stick)
Plum, plum, plum, etc.
ALLE
(all accompany themselves with walking sticks
or parasols, with Fritz on the lute)
Hear, lovely one,
hear the silvery sound of the lute.
Your faithful followers, old and new,
they have been languishing for a long time!
Lead the dance to great enjoyment,
Listen to the song!
Come and show yourself, come to please us,
come to your own, come let the only one.
Listen to the song!
Come to please, give yourself to all! .
La, la, la, la.
Etc.
MARIETTA
(Marietta, during the serenade, has come from
the back and and now appears on the bridge
behind the singers, arm in arm with Gaston and
listening merrily.)
I’m coming, I’m coming to my own,
yes, I’m coming to please,
let the only one,
give myself to all!
ALLE
(all turn round in surprise and greet those
behind)
Marietta! Hurrah!
LUCIENNE
Where were you, Marietta?
MARIETTA
Didn’t feel like rehearsing today,
went with Gaston to the country.
JULIETTE
And what about your friend, the gloomy one?
MARIETTA
Bin durchgebrannt.
Man will doch einmal atmen.
(lächelt Gaston behutsam an)
VICTORIN
(stellt vor)
Herr Graf Albert,
Ein Freund der frohen Feste.
Wir alle sind Heut seine Gäste.
MARIETTA
Schön, kleiner Graf!
Was kannst du sonst?
GRAF
Lieben!
MARIETTA
Brav so. Machs nur recht toll!
Gibts Sekt?
Wollt ihr bei mir gedeckt?
Doch nein, hier draußen, das ist neu!
GRAF
Die Kunst ist frei.
(Marietta blickt ihm lächelnd in die Augen.
Gaston mit einer grotesken Pirouette auf
Lucienne und Juliette zu, die sich in ihn
einhängen und an ihn schmiegen.)
JULIETTE
Schon ngt sie ihn mit einem Blick.
(zu Gaston)
Kehrst du zu uns zurück?
(Fritz, der Pierrot, hat einen Korb mit Sekt und
Gläsern ans dem Boot geholt und schmachtet
Marietta seufzend an.
Victorin schenkt ein, verteilt die Gläser - alles
in traumhaft rascher Sprunghaftigkeit.)
MARIETTA
(springt auf die Bank)
Schach Brügge!
Und Schach der dumpfen Lüge!
ALLE
Schach Brügge!
Und Schach der dumpfen Lüge!
MARIETTA
I ran off.
You have to breathe sometimes.
(smiles meaningfully at Gaston)
VICTORIN
(introducing)
Count Albert,
A friend of joyful parties.
We are all his guests today.
MARIETTA
That’s nice, little Count!
What else can you do?
COUNT
Make love!
MARIETTA
That’s good. Just make it great!
Is there any champagne?
Will you take it in my rooms?
No, out here in the open is better.
COUNT
Art is free!
(Marietta looks into his eyes, smiling. Gaston
pirouettes grotesquely up to Lucienne and
Juliette, each of whom takes an arm and
snuggles up to him.)
JULIETTE
She has caught him already with a look.
(to Gaston)
Won’t you come back to us?
(Fritz, the Pierrot, has brought a hamper with
champagne and glasses from the boat and is
casting languishing glances at Marietta.
Victorin pours out the wine and hands round
the glasses, all in the swift spasmodic
movements of a dream.)
MARIETTA
(jumps onto a bench)
A fig for Bruges!
And for stupid deception!
ALL
A fig for Bruges!
And for stupid deception!
MARIETTA
Und nun Musik!
Ein nicht zu heiter, nicht zu traurig Stück.
Musik, die wie im Tanz sich wiegt,
sanft lockend durch die Mondnacht fliegt,
ganz leise rührt und verführt.
(springt von der Bank und schlägt Pierrot auf
die Schulter)
Auf, Pierrot! Du triffst es fein!
Ein Deutscher bist du, bist vom Rhein!
FRITZ
(verneigt sich tief)
Da Ihr befehlet, Königin,
fügt sich auch Pierrots treuer Sinn.
(Singt. Die andern phantastisch um ihn
gruppiert, zumeist vorgebeugten Hauptes starr
die Augen auf ihn gerichtet.
Unbeweglich wie im Traum)
Mein Sehnen, mein Wähnen,
es träumt sich zurück.
Im Tanze gewann ich,
verlor ich mein Glück.
Im Tanze am Rhein, bei Mondenschein,
gestand mirs aus Blauaug ein inniger Blick,
gestand mirs ihr bittend Wort:
o bleib, o geh mir nicht fort,
bewahre der Heimat still blühendes Glück.
Mein Sehnen, mein Wähnen,
es träumt sich zurück.
Zauber der Ferne
warf in die Seele den Brand,
Zauber des Tanzes
lockte, ward Komödiant,
folgt ihr, der Wundersüßen,
lernt unter Tränen küssen.
8 SOPRANE
Ah, ah!
FRITZ
Rauch und Not, Wahn und Glück:
Ach, das ist Gaukler`s Geschick
Mein Sehnen, mein Wähnen,
es träumt sich zurück, zurück, zurück…
(sinkt Marietta zu Füßen)
MARIETTA
And now Music!
Not too cheerful nor too sad a piece.
Music, that creeps in like a dance,
flies gently through the moonlit night,
and softly stirs and seduces.
(jumps down form the bench and slaps Pierrot
on the shoulder)
Get up, Pierrot! This suits you well.
You are a German, and from the Rhine.
FRITZ
(bows low)
As you command, Queen,
your faithful Pierrot will obey.
(He sings. The others fancifully grouped around
him, with their heads thrust forward and their
eyes fixed on him.
Motionless as in a dream)
My yearnings, my fantasies,
return as in dreams.
In the dance I won,
and then I lost again.
In the dance on the Rhine, in the moonlight,
an intimate look from blue eyes confided to me,
confided her pleading word:
O stay, don’t go from me,
stay true to the values of your homeland.
My yearnings, my fantasies,
return as in dreams.
The magic of the far-away
raised a fire in my soul,
the magic of the dance
lured me to become an actor,
to follow her, the sweet one,
and to learn about tearful kisses.
8 SOPRANOS
Ah, ah!
FRITZ
Excess and poverty, distress and fortune:
Ah, that is an entertainer’s fate…
My yearnings, my fantasies,
return as in dreams, return, return…
(sinks down at Marietta’s feet)
MARIETTA
Bravo, guter Pierrot,
darfst mich küssen.
(bietet ihm die Wange, die Pierrot lange küßt)
Und dir, Victorin, die Hand.
(reicht ihm sie zum Küsse)
Für Sie, Herr Graf, die andre.
(Graf wie Victorin)
Wenn ich winke, wie sie packen!
(Gaston mit dem Sprunge des Grotesktänzers zu
Marietta hin)
Und was dir bleibt? Der Nacken.
(Gaston küßt sie in den Nacken. Alle fünf
Personen verharren einige Augenblicke in
dieser Pose. Dann reißt sich Marietta los.)
Trollt euch, Faune!
Nun bin ich erst recht in Laune.
Tanzen will ich staunt, Bagage!
tanzen will ich ohne Gage.
Lust quillt aus mir,
braust in mir und verbrennt mich!
Ich fehlte bei der Prob heut als Hélène,
nun, so mach ich in “Robert der Teufel”
jetzt meine Szene.
VICTORIN, GRAF
Ein toller Einfall, den ich lobe!
VICTORIN
Ich halte mit!
Das Kloster, die Beleuchtung passen
vortrefflich!
FRITZ
Ich hol das Segeltuch als Totenlaken.
(läuft zum Boot)
VICTORIN
Gut!
JULIETTE, LUCIENNE
Ein toller Einfall, den ich lobe!
VICTORIN
(zu Gaston)
Du bist Robert!
MARIETTA
Bravo, good Pierrot,
you may kiss me.
(offers him her cheek, which the Pierrot kisses
at length)
And you, Victorin, my hand.
(extends it to him for a kiss)
For you, Count, the other one.
(to the Count as for Victorin)
When I wave, how they come running!
(Gaston bounds up to Marietta in a grotesque
manner.)
And what remains for you? My neck.
(Gaston kisses her on the neck. All five remain
in this pose for a few moments. Then Marietta
wrenches herself free.)
Come on, you devils!
Now I’m really in the mood for fun.
I want to astonish you with my dance, gang,
I’m going to dance without pay.
Pleasure is pouring out of me,
roaring and burning in me!
I missed the rehearsal today as Hélène,
so now I’m going to do my scene in
“Robert le Diable”.
VICTORIN, COUNT
A great idea, I applaud it!
VICTORIN
I’ll join in!
The convent, the lighting are very suitable!
FRITZ
I’ll get the sailcloth as a shroud.
(runs to the boat)
VICTORIN
Good!
JULIETTE, LUCIENNE
A great idea, I applaud it!
VICTORIN
(to Gaston)
You are Robert!
JULIETTE, LUCIENNE
Wir sind die auferweckten Nonnen.
VICTORIN
Und lockt mit Grazie zu Erdenwonnen.
FRITZ
(zurückgekehrt)
Hier das Segeltuch!
MARIETTA
(zeigt auf einen der Bäume)
Dort ngt der Zauberzweig.
VICTORIN
Und diese Bank hier sei der Sarkophag!
MARIETTA
(indem sie sich auf die Bank legt)
Hélène streckt sich drauf als Leiche.
VICTORIN
Und pfeife ich das Stichwort der Musik,
erwachst du aus dem Todesschlaf.
MARIETTA
(sich ein wenig aufrichtend und auf den Arm
stützend)
Verführ als auferstandne Tote
Robert, das Schaf.
(setzt sich noch einmal auf, mit dämonischem
Ausdruck)
Ich wills nicht fehlen lassen! Los!
(Aus der Kirche, in der Gottesdienst beendet ist,
fällt von fern die Orgel ein. Die Beginnen
erscheinen in gespenstischlautlosem Zug wie
vorher, und nehmen im Rücken der handelnden
Personen, wie der Vorgänge nicht achtend, den
Rückweg über die rücke zum Kloster.
Victorin pfeift das Aufweckungsmotiv aus
“Robert der Teufel”.
Marietta erhebt sich langsam von ihrem Lager,
mit Geste und Mimik einer zum Leben
erwachten Toten, und schreitet mit lockenden,
verführerischen Bewegungen auf Gaston zu.
Im Kloster sind plötzlich mit einem Schlage alle
Fenster beleuchtet. In den Fenstern erscheinen
Beginnen in weißem Nachtgewand als
unbeweglich starrende Zeugen der Ereignisse.
Das erleuchtete Zifferblatt der Uhr zeigt
JULIETTE, LUCIENNE
We are the resurrected nuns.
VICTORIN
And tempt gracefully to earthly delights.
FRITZ
(returning)
Here is the sailcloth!
MARIETTA
(pointing to one of the trees)
There hangs the magic branch.
VICTORIN
And this bench can be the sarcophagus!
MARIETTA
(while lying on the bench)
Hélène stretches on it as a corpse.
VICTORIN
And as I whistle the musical cue,
you awaken from the sleep of death.
MARIETTA
(raising herslf slightly on one arm)
Risen from the dead, I seduce
Robert, that ass.
(sits up again, with a demonic expression)
I don’t want to miss anything! Come on!
(From the church, in which the service has now
ended, the organ is faintly heard. The nuns
appear as before in a ghost-like silent
procession and make their way, unnoticed,
behind the actors back across the bridge to the
convent.
Victorin whistles the awakening motif from
“Robert le Diable”.
Marietta slowly rises from her bed, with gesture
and expression of one waking from the dead,
and strides with alluring and seductive
movements towards Gaston.
In the convent, suddenly in a flash all the
windows are illuminated. In the windows nuns
appear in white nightgowns as motionless
staring witnesses of the events.
The illuminated dial of the clock shows
Mitternacht. Die allegorischen Figuren des
Uhrwerks bewegen sich aus der einen Öffnung
heraus in die andere hinein. Dazu stürmischer
Wolkenzug am Nachthimmel.
Aufgeregtes Glockengetümmel.
Man sieht zwischen den Bäumen Paul, durch
einen vereinzelten Lichtstrahl beleuchtet,
starren Blickes dastehen.)
PAUL
(stürzt hinter den Bäumen hervor)
Halt ein!
Du eine auferstandene Tote? Nie!
MARIETTA
(die sich nicht stören läßt)
Du bists! Kommst grade recht!
Du bist der richtige Robert.
(beginnt ihn dämonisch - verführerisch zu
umtanzen)
PAUL
(faßt mit eisernem Griff Marietta bei der Hand,
sie zum Stillstehen zwingend und ihr ins Gesicht
schreiend)
Halt ein!
MARIETTA
Narr!
(Gaston springt mit einem grotesken
Tänzersprung von der einen Seite hinzu.)
VICTORIN
Zurück von ihr!
GRAF
Zurück!
FRITZ
(Paul entgegen)
Die Hand von dieser Dame!
MARIETTA
Laßt nur, Bajazzi, laß es, Gräflein, laß es sein,
mit dem werd fertig ich allein.
Geht! Geht nach Haus!
Adieu, adieu, das Fest ist aus.
(da die andern mit Gebärden remonstrieren)
Genug getollt. Ruh will der Kai.
(zum Grafen mit Beziehung)
midnight. The allegorical figures on the clock
move from one opening over to the other.
There is a stormy trail of clouds across the
night sky.
Bells peal tempestuously.
Paul is seen between the trees, lit by an
occasional ray of light, standing with staring
eyes.)
PAUL
(rushes out from behind the trees)
Stop!
You risen from the dead? Never!
MARIETTA
(not allowing herself to be disturbed)
It’s you! Just in time!
You are the ideal Robert.
(begins to dance around him in a fiendishly
seductive manner)
PAUL
(grasps Marietta’s hand in an iron grip, forcing
her to stand still, and screaming in her face)
Stop!
MARIETTA
Fool!
(Gaston bounds forward from the side in a
grotesque dance movement.)
VICTORIN
Stand back from her!
GRAF
Back!
FRITZ
(confronting Paul)
Take you hands off this lady!
MARIETTA
Leave it, you clowns, leave it, Count, let it be,
I’ll deal with him myself.
Go! Go home!
Farewell, farewell, the party is over.
(as the others protest with gestures)
Enough frolicking. Let the quay be peaceful..
(to the count, meaningfully)
Herr Graf, es gibt ein Wiedersehn.
(Graf küßt ihr die Hand.)
DIE ANDEREN
(ab)
La, la, la, la
Count, till we meet again.
(The count kisses her hand.)
THE OTHERS
(leaving)
La, la, la, la
Vierte Szene
MARIETTA
(mit frecher Ruhe)
Du machst mir eine Szene?
Spürst mir nach?
PAUL
(losbrechend)
Verlogen und verderbt bist du!
Wirfst zuchtlos dich und schamlos weg!
Nahmst mir sogar den Freund!
Du warst bei Frank!
MARIETTA
Das ist nicht wahr!
PAUL
Er selbst gestand es, kurz zuvor.
(hebt den Schlüssel empor)
Hier dies entriß ich ihm!
MARIETTA
(wütend)
Nun wenn dus weißt was gibt dir Rechte über
mich?
Ich tu, was mir gefällt.
PAUL
(geht drohend auf sie los)
Du, hüte dich!
MARIETTA
(zuckt höhnisch die Achseln)
Du bist grotesk!
PAUL
Erniedrigt hast du mich mit deiner Niedrigkeit,
betrogen meinen Traum.
MARIETTA
(trocken)
Dann geh, ich halt dich nicht.
Fourth Scene
MARIETTA
(insolently calm)
Did you want to make a scene?
Are you following me?
PAUL
(losing control of himself)
You are deceitful and corrupt!
You throw yourself shamelessly at anyone!
You even take my friend!
You were with Frank!
MARIETTA
That’s not true!
PAUL
He himself confessed it just now.
(holds up the key)
I snatched this from him!
MARIETTA
(furiously)
Well, what gives you any rights over me?
I do as I please.
PAUL
(threateningly)
Beware!
MARIETTA
(shrugging scornfully)
You are ridiculous!
PAUL
You have degraded me by your baseness,
cheated me of my dream.
MARIETTA
(bluntly)
Then go, I’m not stopping you.
PAUL
(seiner kaum mächtig)
Und glaubst du, Elende, ich liebte dich?
Dein Fleisch begehrt ich,
dein wissend Liebkosen!
Niemals liebt ich dich,ich liebe eine Andre.
MARIETTA
Die jagte dich doch fort?
Wer hielt es aus mit dir?
PAUL
Schweig oder hör, was dich zerschmettert!
Vernimm mein grauenvoll Geheimnis!
Ich küßte, ich küßte eine Tote in dir,
liebkost in deinem Haar nur das der Andern,
erlauscht in deiner Stimme nur die ihre,
fühlt dich umarmend, nichts als ihre Haut,
nur ihre rme, ihren Duft.
Nur sie allein liebt ich,
in dir liebt ich nur meine Tote!
MARIETTA
(beißt sich auf die Lippen)
Verdammt, das Bild, dein totes Liebchen?
PAUL
Wags nicht, sprich nicht von ihr!
´S war meine Gattin! Eine Heilige!
Du gleichst betörend ihr,
bist ihr unwürdig Ebenbild!
Begreifst du nun, was du mir warst?
Ein Nichts, ein leerer Schatten
für meine ewig, heiß Geliebte!
Wie hasse, wie veracht ich dich,
die meinen edlen Schmerz, den reinen Wahn
mir hat beschmutzt!
Ich bin gesunken, tief gesunken!
Doch nun hab ich mich wieder!
Hab abgerechnet, bin befreit!
Erlöst bin ich, ja, erlöst!
Wir zwei sind fertig!
(sinkt auf die Bank hin)
Wie unglücklich bin ich! (gesprochen)
MARIETTA
(nähert sich ihm lauernd, den Moment der
Schwäche benützend. Legt die Hand sanft auf
Pauls Schulter)
Paul, du leidest.
PAUL
(barely controlling himself)
Do you think, wretched girl, that I loved you?
It’s your flesh I desire,
Your wilful caresses!
I never loved you, I love another.
MARIETTA
She drove you away?
Who could stand it with you?
PAUL
Be silent, or hear what will shatter you!
Listen to my terrible secret!
I kissed, I kissed a dead woman in you,
fondled in your hair only that of another,
heard in your voice only hers,
embracing you, felt only her skin,
only her warmth, her fragrance.
It was only her that I loved,
in you I loved only my dead one!
MARIETTA
(biting her lips)
Damn it, the picture, your dead love?
PAUL
Don’t dare to speak of her!
She was my wife! A saint!
You are bewitchingly like her,
you are her unworthy image!
Do you understand now what you were to me?
Nothing, an empty shadow
in place of my eternal true love!
How I hate and despise you
for having polluted my noble grief, my pure
fantasy!
I have sunk, sunk low!
But now I am myself again,
I’m clear, I’m free!
I am redeemed, yes, redeemed!
We two are finished!
(sinks down onto the bench)
How miserable I am! (spoken)
MARIETTA
(approaches him cautiously, taking advantage
of his momentary weakness. She lays her hand
gently on his shoulder.)
Paul, you are suffering.
So wild du mich beschimpft hast, du dauerst
mich. Was ist geschehn?
Du übertreibst.
Man stellt mir nach. Ich seh nicht übel aus, hab
heißes Blut. Bin jung, bin jung!
Ich bin vergnügt und liebe das Vergnügen.
Bin Tänzerin, gehör der Welt an und brauch den
Rausch für meine Kunst.
Was willst du denn?
Du Undankbarer!
Hab ich nicht glücklich dich gemacht?
Gehöre ich nicht dir?
mein Leib, dess Duft dich so berückt,
mein Haar, das deine Hand durchwühlt.
PAUL
(verwirrt)
Ja, ja!... Der Duft, das Haar...
MARIETTA
(sich neben ihn setzend, schnell)
Siehst du, ein wenig liebst du mich doch!
PAUL
(schwach)
Nein, nein, ich begehrte dich.
MARIETTA
(schmeichelnd)
Und willst mich nun nicht mehr?
PAUL
Laß mich, laß mich.
(wie um sich vor sich selbst zu entschuldigen)
Schändlich entweiht hab ich meiner Toten
Recht!
Hielt ich auch fern dich ihrem Heime,
hab ich sie schon in deinem Haus entweiht.
Und was du mir gabst, was du mir gewährt,
grausam hat es holden Traum mir zerstört.
MARIETTA
Nichts ist zerstört, nichts ist geschehn.
Du belügst dich selbst.
Ersehnten Traum, ersehntes Glück,
genosset dus nicht süß und warm?
PAUL
Brügge, entweiht hab ich dich und sie!
However wildly you have insulted me, I still
feel sorry for you. What’s it all about?
You are exaggerating.
I’m popular, I’m not bad looking, I have hot
blood. I’m young, I’m young!
I’m cheerful and I love pleasure.
I’m a dancer, I belong to the world and need
excitement for my art.
So what do you expect?
You ungrateful one!
Did I not make you happy?
Given myself to you?
my body, whose fragrance so captivated you,
my hair, that your hand fondled.
PAUL
(confused)
Yes, yes!... Your fragrance, your hair...
MARIETTA
(sitting down beside him, quickly)
You see, you love me a little after all!
PAUL
(weakly)
No, no, I desired you.
MARIETTA
(coaxingly)
And do you not want me anymore?
PAUL
Leave me, leave me.
(as if to justify himself in his own eyes)
I have shamefully profaned my dead one!
Although I did not yield to you in her house,
I have desecrated her in yours.
And what you gave me, what you granted me,
has cruelly destroyed my beloved dream.
MARIETTA
Nothing is destroyed, nothing is lost.
You are deceiving yourself..
The longed-for dream the longed-for bliss,
did you not enjoy it, sweet and warm?
PAUL
Bruges, I have desecrated you and her!
MARIETTA
Gab ich dirs nicht und keine andre?
Winkt es dir weiter nicht in meinem Arm?
Du bist verdüstert, armer Freund,
(auf das Wasser weisend)
dem schwarzen Wasser gleichst du hier,
für das der bleiche Mond kaum scheint.
(ihm das beleuchtete Gesicht zuwendend)
Mich aber liebkost der weiße Strahl,
wie mir erst recht die Sonne hold.
PAUL
Brügge, entwheit hab ich dich und sie!
MARIETTA
Und selbst so reich beschenkt zum Lebensmahl,
schenk ich dir Mondessilber, Sonnengold!
(mit allem Zauber der Verführung, umfaßt ihn,
schmiegt sich an ihn)
Sieh ins Gesicht mir, das du so geliebt.
Dein ists! Und dein mein Aug,
und dein zu heißer Stund
der durstige, lustgeschwellte Mund.
PAUL
(stöhnend)
Dein Mund, dein Mund.
MARIETTA
(aufspringend und ihn mitreißend)
Hier, hier, nimm und trink!
(Paul sinkt an ihre Brust. Langer Kuß.)
Willst du noch fort von mir,
mich opfern deiner Toten?
PAUL
Betörend Weib, bin dir verfallen,
unlösbar... gibst mir den Rausch...
MARIETTA
Des Lebens und der Liebe Macht,
sie halten dich an mich gekettet ... unlösbar.
Schlürf den Trank der höchsten Lust,
den süßen Rausch, Vergessenheit.
PAUL
(seiner nicht mächtig)
Verlaß mich nicht…
ich liebe dich... geh nicht von mir!
MARIETTA
Was it not me and no other?
Don’t you still long for my arms?
You are gloomy, poor friend,
(pointing to the water)
you are like the black water here,
which scarcely reflects the pale moon.
(turning her illuminated face towards him)
But the the white beam caresses me,
just as deliberately as the the fair sun.
PAUL
Brügge, I have desecrated you and her!
MARIETTA
And myself so well endowed with life’s gifts,
I offer to you moonbeam-silver, sunlight-gold!
(with all the charm of seduction, embraces him,
holds him close)
Look in my face, that you loved so much.
It’s yours! And yours my eyes,
and yours when the time is right
my thirsty, pleasure-seeking lips.
PAUL
(moaning)
Your lips, your lips.
MARIETTA
(jumping up and pulling him with her)
Here, here, take and drink!
(Paul falls on her breast. A long kiss.)
Do you still want to leave me,
sacrifice me to your dead one?
PAUL
Bewitching woman, I am enslaved,
beyond release… give me the ecstasy...
MARIETTA
The power of life and love,
they hold you chained to me… beyond release.
Savour the potion of the highest desire,
the sweetest ecstasy, oblivion.
PAUL
(not in control of himself)
Do not abandon me,
I love you… don’t go from me!
MARIETTA
(hoch aufgerichtet, triumphierend)
So sprich: Wen küssest du in mir?
PAUL
Nur dich, nur dich.
MARIETTA
Wess Haar liebkosest du?
PAUL
Das deine, nur das deine.
MARIETTA
(dämonisch )
So komm, so komm.
PAUL
(will zum Hause Mariettas)
Zu dir, zu dir, zu dir!
MARIETTA
Nein, nicht zu mir!
Ich will dich fortan ganz!
Im Hause der Toten such ich dich auf,
zu bannen das Gespenst für immer!
Ich will zu dir!
Zum erstenmal zu dir!
PAUL
Wohin du willst,
gib mir den Trank, gib mir Vergessenheit,
den süßen Rausch!
MARIETTA
So komm und trink Vergessenheit
im süßen Rausch!
(Paul nimmt sie um den Leib und stürmt mit ihr
über die Brücke ab. Der Vorhang fällt rasch.)
MARIETTA
(standing upright, triumphant)
Then say: who do you kiss in me?
PAUL
Only you, only you.
MARIETTA
Whose hair do you fondle?
PAUL
Yours, only yours.
MARIETTA
(devilishly)
Then come, come.
PAUL
(making for Marietta’s house)
To you, to you, to you!
MARIETTA
No, not to my house!
I want you completely from now on!
I’m coming to you in the house of the dead,
to banish that spectre forever!
I am coming to your house!
For the first time to your house!
PAUL
Wherever you want,
give me the potion, give me oblivion,
the sweetest ecstasy!
MARIETTA
So come and drink oblivion,
in the sweetest ecstasy!
(Paul seizes her round the waist and dashes
across the bridge with her. The curtain falls
quickly.)
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